FAQ

Häufig gestellte Fragen (Frequently asked questions):

  • 1. FRAGE: Fügt die PID dem untersuchten Embryo gravierende Schäden zu? ->ANTWORT: Nein. (1.) Die PID ist ein rein diagnostisches Verfahren. Es wird damit das Vorliegen ganz bestimmter genetischer Veränderungen am Embryo nachgewiesen. Durch die PID wird kein Erbgut manipuliert und der Embryo auch nicht verändert. (2.) Eine ganz andere Frage ist, was man mit den Ergebnissen der Diagnose macht. Hierbei ist ein sehr verantwortungsvolles Handeln gefragt. (3.) Die Entnahme einer embryonalen Zelle schädigt das normale Weiterwachsen des Embryos nachweislich nicht.

  • 2. FRAGE: Befürworter der PID sagen: Wir haben ein Recht auf ein eigenes Kind. Kein Mensch kann aber ein Recht auf ein eigenes Kind einfordern, auch nicht das Recht auf ein gesundes Kind! -> ANTWORT: Die Frage nach dem Recht auf ein Kind ist falsch gestellt. Es gibt im demokratischen Rechtsstaat vielmehr kein Recht Dritter (Nichtbetroffener), es zu verhindern, daß ein Paar Kinder bekommen will. Niemand hat das Recht, einem Paar den Nachwuchs zu verbieten. Der Staat muß sich mit einem sehr hohen Werteschutz rechtfertigen, wenn er Paaren das ihnen angestammte Recht auf Ausübung ihrer Fortpflanzung absprechen will oder ihnen verwehrt, Methoden zu nutzen, die dies ermöglichen. Als höherer Wert steht der Schutz des Embryos vor Selektion und Verwerfung nach Anwendung der PID in der aktuellen Diskussion. Die Frage ist, ob ein mit einem schweren genetischen Defekt behafteter Embryo, der bereits mit hoher Wahrscheinlichkeit während der Schwangerschaft sterben oder mit schwersten Behinderungen geboren wird, über den Willen der Eltern hinweg diesen Schutz zugesprochen bekommen kann. Dies muß unserer Meinung nach verneint werden. Wenn der Embryo selbst schon den Keim seiner Zerstörung in sich trägt, kann er keinen höherwertigen Schutz erhalten als das Selbstbestimmungsrecht der Eltern. Die negative Selektion findet dann schon durch der Natur selbst statt

  • 3. FRAGE: Spricht die PID Behinderten das Lebensrecht ab? -> ANTWORT: (1.) Der Wunsch von medizinisch betroffenen Eltern, die PID anzuwenden, steht in keinem direkten Zusammenhang mit der Befürchtung Behinderter, daß sie ihr Lebensrecht in Frage gestellt sehen. (2.) Genauso trifft es nicht zu, daß Paare, die die PID anwenden wollen, behindertenfeindlich wären. Jedes Paar hat das Recht, selbst darüber zu entscheiden, ob es auf Dauer ein schwerstbehindertes Kind verkraftet oder nicht. Wenn Behinderte Eltern hatten, die sich für das behinderte Kind entschieden haben, dann ist das lobenswert und mutig. Man kann aber anderen Eltern das Fehlen dieses Mutes nicht als persönliche Schuld vorwerfen. (3.) Zudem darf ein genereller medizinischer Fortschritt nicht verboten werden. Früher mußten Menschen an Krankheiten sterben, die heute eine Bagatelle in der medizinischen Heilbarkeit sind. Müssen alle, die es früher deswegen schwer hatten, auf die heute bevorteilten Menschen böse sein, weil sie einen für sich besseren Weg wahrnehmen können? (4.) In Ländern, in denen die PID seit mehreren Jahren angewendet wird, ist im gesellschaftlichen Bereich keine Verschlechterung der Stellung der Behinderten zu beobachten. (5.) Es ist verständlich, wenn Behinderte ge-genüber den neuen gentechnisch-medizinischen Möglichkeiten starke Vorbe-halte haben, weil sie diese als eine furchtbare narzißtische Kränkung erleben. Das rechtfertigt jedoch nicht die Diskriminierung von "PID-Paaren", die selbst genetisch behindert sind und Wege suchen, wie sie mit ihren Problemen am besten zurecht kommen. (6.) Man kann auch nicht einen kaum faßbar zu prognostizierenden gesellschaftlichen Reflex ("die Situation der Behinderten wird sich durch die Einführung der PID wesentlich verschlechtern") zur Gesetzesgrundlage für ein generelles PID-Verbot machen. Das ist rechtsstaatlich nicht zulässig.

  • 4. FRAGE: Führt die PID-Anwendung generell zu einer negativen Selektion und damit zwangsläufig zu einer Vernichtung menschenwürdigen und lebens-wer-ten Lebens? -> ANTWORT: Nein, grundsätzlich nicht. (1.) Es gibt viele Paare, deren genetische Störung mit hoher Wahrscheinlichkeit immer wieder zum Tod des Kindes während oder nach der Schwangerschaft führt. Die Embryonen, die in diesen Fällen über die PID negativ selektiert werden, würden sowieso sterben. Hier selektiert die Natur selbst. Es findet keine die Menschenwürde und Selbstzwecklichkeit der Embryonen beeinträchtigende Selektion statt. Man erspart dem Embryo im Gegenteil einen leidvollen frühen Tod und den Eltern viele Qualen. (2.) Mit einer gewissen Abstufung ähnlich ergeht es betroffenen Paaren, die aufgrund genetischer Disposition ein schwerstbehindertes Kind zu erwarten haben. (3.) In Bezug auf das Vorliegen leichterer genetischer Störungen muß eine möglichst klare Grenze in der Anwendbarkeit der PID gezogen werden. (4.) Im übrigen selektiert die Natur im gesamten menschlichen Fortpflanzungsprozeß so umfangreich, daß eine magische Fixierung auf die Vermeidung jeglichen Verdachts auf Selektion scheinheilig wirkt und den Beigeschmack ideologischer Bevormundung hervorruft.

  • 5. FRAGE: Die Abtreibung nach § 218 StGB wird von Befürwortern der PID als Vergleichssituation hinsichtlich des Lebensschutzes herangezogen, während von Gegner der PID die Unvergleichbarkeit der jeweiligen Situation betont wird. Welcher Meinung ist eher zuzustimmen?
    -> ANTWORT: Es gibt generell kaum je zwei identisch gleiche Situationen im Leben. Eine Vergleichbarkeit kann bei Abwägungserfordernissen immer nur an einer vorher vorgegebenen Definition der als wesentlich angesehenen Konfliktstelle eingefordert werden. Der Gleichheitssatz des Grundgesetzes ist ein bekanntes Beispiel dafür.
    (1.) Vergleicht man daher ganz genau alle Tatsächlichkeiten zwischen
    den Situationen bei der PID und der Abtreibung nach § 218 StGB, so wird man viele Unterschiede feststellen müssen. Diese Unterschiede scheinen aber hinsichtlich der daraus ziehbaren Schlußfolgerungen weniger dazu geeignet zu sein, der Abtreibungssituation ein größeres Gewicht zu geben als der PID. (a) Ungleich ist das unterschiedliche Wachstumsstadium beider heranwachsenden Kinder. Bei der Abtreibung ist das ungeborene Leben wesentlich weiter entwickelt als die soeben verschmolzenen Keimzellen. (b) Weiterhin bestehen große Unterschiede im Erwünschtheitsgrad der "auf die Bahn gebrachten" Kinder. Während PID-Eltern absichtlich große Mühen in Kauf nehmen bei einer relativ geringen Wahrscheinlichkeit, ein Kind zu bekommen (= sehr großer Kinderwunsch), hat sich bei der Abtreibungssituation in Kauf nehmend gerade mit hoher Wahrscheinlichkeit das sich beiläufig ereignende Ungewollte realisiert (= sehr geringer Kinderwunsch). Entsprechend bieten die beiden Szenarien unterschiedliche Voraussetzungen für einen möglichen Gewissens-konflikt. (c) Als dritte Unvergleichbarkeit kann angeführt werden, daß es sich bei der Abtreibungssituation nur um ein einziges, bereits fest bestimmtes werdendes Kind handelt, das bereits existiert und über das die Ja/Nein-Wahl getroffen wird. Bei der PID-Situation hat sich das werdende Kind als Embryo in seiner Überlebenswahrscheinlichkeit noch längst nicht so klar durchgesetzt (z. B. wegen potenzieller genetischer Störung usw.). Die Ja/Nein-Entscheidung kann noch nicht so sicher getroffen werden. Auch in dieser Unterschiedlichkeit sind mehrere positive und negative Wertungsmöglichkeiten bei beiden Seiten schlußfolgerbar
    (2.) In einem wesentlichen Punkt kommt es allerdings tatsächlich auf die
    Vergleichbarkeit an. Das ist die Dilemmasituation des Gewissenskonflikts der Kollision zweier hoher Werte, die unvermittelbar einander gegenüberstehen. Von Gegnern der PID wird gerade hier die Unvergleichbarkeit mit dem Hinweis betont, daß bei der Abtreibung allein ein echter Gewissenskonflikt vorliege, während bei der PID ein "rein mechanischer Vorgang der Selektion" ohne elterliche Konfliktlage gegeben sei (in diesem Sinne Bundespräsident Rau in seiner Berliner Rede vom 18.05.01). Diese Sicht greift zu kurz. Kinderwunschpaare, die die PID anwenden lassen, haben (a) aufgrund bereits zurückliegenden mehrfachen Embryonensterbens oder wegen eines genetisch bedingt behinderten Kindes bzw. einer hohen Wahrscheinlichkeit des Auftretens einer schweren Störung bei erneuter Schwangerschaft ihre Gewissensentscheidung "auf Raten" bereits in leidvollen Erfahrungen "einüben" müssen, bis es zur PID kommt. (b) In der Situation der direkten PID-Anwendung geht es den hoffenden potenziellen Eltern nur um eines: Wenn auch nur ein Embryo entstanden ist, der irgendwie die Chance hat, ohne Schwerstbehinderung zu einem Menschen geboren zu werden, dann will das Paar diese Chance durch Einsetzung desselben in die Gebärmutter ergreifen. Darauf sind alle von dem betroffenen Paar gewollten Mühen der künstlichen Befruchtung ausgerichtet. Wird das Paar in einem unklaren Fall (der gengestörte Embryo könnte vielleicht doch überleben) vor die Entscheidung Ja/Nein gestellt, was ethisch einzufordern ist, dann wird diese Entscheidung nicht im Vollzug einer bestimmten "Selektionsmechanik" liegen. Wer jemals die Chance hatte, wie es nur bei der künstlichen Befruchtung der Fall ist, den eigenen vierzelligen Embryo vor dem Einsetzen in die Gebärmutter für 10 Sekunden unter dem Mikroskop zu betrachten, der ist von diesem kurzen Einblick in die Geheimnisse des Lebens für das ganze weitere Leben fasziniert. Galilei kann im Blick durch sein Fernrohr bei der Entdeckung der Jupitermonde nicht mehr fasziniert gewesen sein! Für denjenigen geht der Wert des Lebens von vier Zellen über alles. Es entsteht genau das Gegenteil von dem, was befürchtet wird: nämlich eine Verflachung in der Wertschätzung des beginnenden Lebens. Es entsteht vielmehr eine Hochschätzung, wie sie normale Eltern aufgrund des Verborgenbleibens der frühen Lebensentstehung gar nicht nachvollziehen können. Das Paar wird deshalb gerade um das Leben dieses Zellhaufens aus 8 bis 16 Zellen ringen, als wenn es damit schon um den tatsächlichen fertigen Menschen dahinter ginge. Die betroffenen Paare sind gewissermaßen kraft ihres Herzenswunsches nach Kindern dazu "verdammt", diese rudimentären Embryos als ihr potenziell zukünftiges "Ein und Alles" ernst zu nehmen. Eine derartige Situation ist sicherlich nur von denen recht nachzuvollziehen, die selbst einmal eine solche Entscheidungssituation durchlebt haben (siehe z. B. DER SPIEGEL Nr. 12/19.3.01, S. 290-293). (c) Regelmäßig liegt bei schweren Fällen, auf die die PID eingegrenzt wird, die Dilemmasituation in dem Wertungskonflikt: einerseits in dem wiederum zu erwartenden großen Leid der werdenden Mutter sowie einer zu erwartenden schweren Behinderung, die weit über die Kräfte des Paares gehen wird. Das ist die Situation der Frau und des Paares, die für sie untragbar ist. Hier wie bei dem Abtreibungswunsch ist das Selbstbestimmungsrecht der betroffenen Elternteile gleichermaßen (nicht identisch!) stärkstens betroffen. Auf der anderen Seite steht der Embryonenschutz als Lebensschutz, der mit dem Selbstbestimmungsrecht der werdenden Eltern aufs Stärkste kollidiert und abgewogen werden muß. Das Schutzerfordernis des werdenden Lebens hat sich in der Abtreibungssituation schon wesentlich stärker konkretisiert.
    (3.) Grundsätzlich kann man also den fundamentalen Gewissenskonflikt
    von PID-Paaren und abtreibungswilligen schwangeren Frauen, über Leben und Tod ihres eigenen Nachwuchses entscheiden zu müssen, - weder in einem kurzen noch langen Statement - gegeneinander aufrechnen. Daß mit Selbstbestimmungsrecht, Lebensschutz und Notlage derselbe grundsätzliche rechtlichethische Konflikt bei beiden Fällen vorliegt, ist damit offensichtlich und darf in Zukunft nicht weiter übergangen werden. Daß die Situationen von ihrer jeweiligen Art der Konstruktion her nicht genau gleich gelagert sind, darf akzeptiert werden, ist aber vom prinzipiell beiden gleichermaßen zugrunden liegenden Wertkonflikt her unerheblich. Wer kann für sich in Anspruch nehmen aufrechnen zu können, welcher Seelenschmerz im Innern der einen oder anderen Frau größer ist? Da das niemandem möglich ist, muß man die prinzipielle Schlußfolgerung ziehen, daß in beiden Fällen das Dilemma für Betroffene so groß sein kann, daß man beiderartige Gewissenskonflikte in der rechtlichen Konsequenz prinzipiell als gleichwertig betrachten muß.
    (4.) Man kann hierbei nicht sagen, daß das Kinderwunschpaar, das die PID anwenden will, ja gar nicht gezwungen ist, Kinder zu bekommen, obwohl eine genetische Behinderung vorliegt. Ein ähnliches Argument kann man auch für die abtreibungwillige Frau anführen: Sie hätte ja in den allermeisten Fällen verhüten können, daß ein Kind entsteht. Genauso wie die PID-Eltern freiwillig die Methode anwenden wollen, um ein Kind zu bekommen, wollte die abtreibende Frau sich freiwillig nicht rechtzeitig mit den möglichen Folgen ihres Geschlechtsverkehrs auseinandersetzen. Beiden Parteien muß man ihre "subjektive Schwäche" als Ausdruck unseres Menschseins zugutehalten. In keinem Fall sollte man jedenfalls das Selbstbestimmungsrecht der einen wie der anderen Frau ungleich behandeln.