Fallberichte
Embryonen-Defekt
- Fallbericht
1
Das Kind von Ehepaar Y ist genetisch bedingt körperlich
und geistig schwer behindert und ein Schwerstpflegefall. Es
wurde festgestellt, dass diese schwere Erkrankung autosomal-rezessiv
vererbt wird. Das heißt: Die Eltern sind gesund, jedoch
jeweils Anlageträger dieser seltenen Erkrankung. Das Risiko
wiederholten Eintritts beträgt 25 %.
Für die Eltern steht
fest, dass sie nicht noch ein zweites derart schwerkrankes Kind
versorgen könnten. Die körperliche und psychische
Belastung wäre zu groß. Sie könnten ihr behindertes
Kind auch nicht mehr so gut betreuen und umsorgen wie bisher.
Es erfordert für sie enorm viel Zeit und Kraft, ein so
schwerkrankes Kind gut zu versorgen. Die Eltern wünschen
zudem keinem weiteren Kind, daß es so viel an Schmerzen
und Plagerei aushalten muß, wie ihr eigenes Kind es aufgrund
seiner Erkrankung von Geburt an erfahren mußte.
Das Paar konnte bisher
seinen Wunsch nach einer zweiten Schwangerschaft auf normalem
Wege nicht verwirklichen, obwohl die körperlichen Voraussetzungen
dafür vorliegen. Die Angst, das zweite Kind könnte
auch krank sein, ist groß und blockiert sie völlig.
Eine vorgeburtliche Diagnistik zur Klärung einer Behinderung
wäre frühestens ab der 12. Schwangerschaftswoche möglich,
nach Aussagen einiger Ärzte evtl. auch erst später.
Für Ehepaar Y macht die Perspektive, eine Schwangerschaft
mit der Aussicht zu beginnen, dass sie evtl. mit einem Abbruch
endet, zusätzlich unmöglich, eine Schwangerschaft
einzugehen. Sie sind sich nicht sicher, ob sie die Folgen eines
Abbruchs nervlich und seelisch verkraften könnten und haben
Angst davor. Wie sollen sie sich darauf freuen, endlich wieder
schwanger zu sein, wenn gleichzeitig klar ist, dass das Kind
wieder schwer krank sein kann und ein späterer Abbruch
erfolgen muß?
Für Paar Y ist es
ein großer Unterschied, ob das Kind bereits im Bauch der
Mutter heranwächst und bei Krankheit abgetrieben werden
müßte, oder ob befruchtete Eizellen, die von der
Erkrankung betroffen sind, verworfen werden. Letztere Alternative
wäre für sie wesentlich entlastender.
Die Sehnsucht des Paares
nach einem gesunden Kind ist sehr groß: zum einen für
sich selbst, zum anderen für ihr Kind. Es ist für
die Eheleute schmerzlich zu erleben, wie sehr ihr krankes Kind
sich nach anderen Kindern sehnt. Dies schließt Kinder,
die es besuchen, sofort ins Herz und weint herzzerreißend,
wenn sie wieder gehen müssen.
Paar Y ist sehr deprimiert
darüber, dass es in dieser seiner belastenden Situation
und seinen zwiespältigen Hoffnungen in Deutschland allein
gelassen wird. Es fordert dringend die begrenzte Zulassung der
PID für Fälle wie den seinen. Es wird ihnen nach der
aktuellen Gesetzeslage die nötige Beratung über die
PID versagt, gleichfalls die medizinische und finanzielle Unterstützung
zur Realisierung der Alternative des weit weniger belastenden
Kinderwunsch-
weges. Bei dem Besuch eines humangenetischen Instituts wurde
ihnen ein Informationsgespräch über die PID verweigert.
Sie kamen sich in ihrem Ansinnen vor wie Kriminelle. Dabei fühlen
sie sich durch die schwere Krankheit ihres Kindes schon hart
genug vom Schicksal getroffen. Die unverbindlichen Mitleidsbekundungen
der Fachleute kommen ihnen scheinheilig vor.
Die Vornahme einer PID
im Ausland ist ihnen durch die hohen finanziellen Kosten sowie
die nicht unterbrechbare Pflege ihres Kindes unmöglich.
Die ungleichen Bedingungen zwischen gesunden und erbbelasteten
Paaren finden sie ungerecht. Sie können auch nicht nachvollziehen,
dass die Krankenkasse bei einer Abtreibung sämtliche Kosten
zahlen, bei der Frühstdiagnostik über PID hingegen
vollkommen außen vor bleiben würde.
|
|